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Das Landgut Son Marroig – eine Perle über dem Meer

Es sind nicht nur Mallorquiner, die ohne Umschweife behaupten, der Panoramablick auf einem felsigen Vorsprung beim Landgut Son Marroig sei der eindrucksvollste auf dem gesamten Globus. Zweifellos ist diese Idylle eine ganz besondere, obwohl Mallorca zahlreiche weitere Postkarten-Motive aufzuweisen hat. Doch diese Aussicht auf die liebliche Landschaft und auf das Mittelmeer zu Füßen übt wohl auf alle Besucher einen ungewöhnlichen Reiz aus. Was sicherlich auch mit dem Tempel aus weißem Carrara-Marmor zu tun hat, der an dieser exponierten Stelle thront. Dort wurde Geschichte geschrieben.

Foto: Andreas Trojak – wirMallorca.eu

Es ist die Geschichte des Erzherzogs Ludwig Salvator, der im Jahr 1870 das Landgut erwarb, sich in das ungewöhnlich schöne Fleckchen Erde sowie in die historischen Gemäuer verliebte und das Anwesen zu seinem Hauptwohnsitz wählte. Was für einen unruhigen Geist und Viel-Reisenden wie Ludwig Salvator ein weitreichender Entschluss war.

Der Erzherzog Ludwig Salvator stammte aus dem Haus Habsburg, das seine Wurzeln im 13. und 14. Jahrhundert im schweizerischen Aargau hatte. Einige Generationen später hieß es von den Habsburgern, sie seien die Regenten eines weltumspannenden Reichs. Was ein wenig übertrieben war, doch dank einer geschickten Heiratspolitik stammten eines Tages aus dem Haus Habsburg die Regenten von Österreich, die Könige von Spanien und die Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Ludwig Salvator war der Cousin der österreichischen Kaiserin Elisabeth, die nicht nur im Dunstkreis der Wiener Hofburg noch immer als „Sissi“ verehrt wird. Der Erzherzog, ein Sprössling des Großherzogs der Toskana und der Maria Antonia von Bourbon-Sizilien, war erst zwölf Jahre alt, als die italienische Vereinigung im Jahr 1859 seine Eltern zwang, sich ins Exil zu begeben. Von diesem Tag an war Ludwig Salvator einer der frühen Reisenden, der die schönsten Punkte des europäischen Kontinents besuchte.

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Nicht weniger als vierzehn Sprachen soll besagter Erzherzog beherrscht haben, und als er mit seinen Spanisch-Kenntnissen an einem sommerlichen Tag des Jahres 1867 Mallorca besuchte, soll sein Herz einen kräftigen Hüpfer vollführt haben. Für ihn war die Insel der Balearen gleichbedeutend mit der Liebe auf den ersten Blick. Zwar widmete er sich zunächst vor allem dem Reichtum an Insekten auf der grünen Insel, doch dabei blieben ihm die Schönheiten Mallorcas offenbar nicht verborgen. Die Gipfel der Sierra de Tramontana hatten es ihm vor allem angetan – aber wohl auch jene Regionen, in denen sich die felsigen Höhen in einer lieblichen Landschaft verlieren.

An der Künstlerstadt Valldemossa, wo der geniale polnische Komponist Frédéric Chopin in der französischen Schriftstellerin George Sand die Liebe seines Lebens fand und wo eineinhalb Jahrhunderte später der Hollywood-Star Michael Douglas an der Küstenstraße nach Sóller ein Haus erwarb, wurde Ludwig Salvator nach unzähligen Reisen und Abenteuern sesshaft. Er kaufte sich im Jahr 1872 gegenüber der Halbinsel Sa Foradada ein Haus, das er „Miramar“ nannte. Ramon Llull, ein mallorquinischer Philosoph des 13. Jahrhunderts, hatte den Erzherzog beim Studium historischer Manuskripte des Theologen auf den Anmut dieses Landsitzes aufmerksam gemacht. Doch beim „Miramar“ mit seinem mittelalterlichen Gepräge sollte es nicht bleiben, denn in den nächsten Jahren erwarb er nach und nach Grundstücke und schließlich das benachbarte Gut. In einem Anflug von Stolz bezeichnete Salvator seinen umfangreichen Besitz zwischen Valldemossa und Deya schließlich als „Fürstentum Miramar“.

Der Herrensitz mit seinem Hauptgebäude, das den Stil der Renaissance an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit verkörpert, ist heute ein Museum und gleichzeitig das Vermächtnis eines Adeligen, der auf Mallorca ungemein beliebt war und in dem einige seiner Zeitgenossen so etwas wie den ungekrönten „König“ der Insel erblickten. Ludwig Salvator war lebenslustig. Manche sahen in ihm sogar einen unangepassten Exzentriker. Aber er pflegte auch Freundschaften zu einigen Insulanern.

Überliefert ist von ihm eine Anekdote, als er von einer mallorquinischen Familie zum Abendessen eingeladen wurde. Diese hatte ihm vorher zur Kenntnis gegeben, dass sie von ihm aus diesem Anlass eine standesgemäße Bekleidung erwartete. Der Erzherzog erschien in einer Uniform und schüttete sich zum Entsetzen der Gastgeber die Suppe in seine Taschen und sagte: „Sie haben meine Bekleidung eingeladen und nicht mich. Nun hat meine Bekleidung zu Abend gegessen…“ Sagte es und verschwand grußlos.

Die Yacht des Erzherzogs, die er auf den Namen „Nixe“ getauft hatte, ankerte unterhalb des Herrensitzes an den Gestaden des Mittelmeeres. Über seine Reisen und Entdeckungen verfasste er um die fünfzig Bücher. Das Werk „Die Balearen in Wort und Bild“ wurde mit seinen sieben Bänden auf der Weltausstellung in Paris mit einer Goldmedaille bedacht. Einige seiner Bücher sind heute im Museum zu bewundern. Zudem einige Stücke aus dem früheren Besitz des Adeligen – auch ein Bett aus dem 17. Jahrhundert, Keramiken und Gemälde mit der für Mallorca typischen Landschaft. Im übrigen ließ Ludwig Salvator im Umfeld seiner Besitzungen Wege anlegen, die noch heute von Wanderern benutzt werden und unter anderem zum Kloster Miramar führen. Die dortige Aussichtsplattform ist ein begehrter Platz für Fotografen, die hier die Abendstimmung einfangen und damit auf den Spuren des Erzherzogs wandeln.

Mitten im Ersten Weltkrieg starb Ludwig Salvator nach schwerer Krankheit auf dem seiner Familien gehörenden Schloss Brandeis in Böhmen. Sein geliebtes Mallorca musste er verlassen, weil der österreichische Kaiser ihn dazu aufgefordert hatte. Vor seinem Ableben hatte der Erzherzog verfügt, dass seinem Sekretär auf Mallorca sein gesamtes Vermögen als sein Erbe zu übereignen sei. Das Gebäude befindet sich noch immer im Besitz seiner Nachfahren. Zeit seines Lebens galten die besonderen Sympathien des Erzherzogs auf dem Gelände seines Herrensitzes dem ionischen Pavillon aus weißem Marmor auf den steilen Klippen über den Fluten des Meeres. Bei dessen Bau folgte er den Vorbildern des antiken Griechenland. Die umfangreiche Parkanlage des Anwesens wird geprägt von sehr alten Steineichen und von Olivenbäumen. Im quadratischen Turm aus dem 16. Jahrhundert ist eine mächtige Ölmühle zu bewundern. Wer sich auf den Weg vom Parkplatz zum Landsitz begibt, der sollte es nicht versäumen, von der Aussichtsterrasse einen Blick auf den Felsen Sa Foradada zu werfen, wo sich an der Spitze des Felsens ein 18 Meter großes Loch gebildet hat. Dieses Motiv ist ein überaus beliebtes Fotomotiv auf Mallorca. Den Wanderweg zur Küste ließ Ludwig Salvador anlegen. Er führt über zahlreiche Serpentinen hinab zum Kiesstrand Playola.

Zahlreiche mehr oder minder Prominente haben sich in der Vergangenheit den fotogenen Pavillon auf dem Gelände von Son Marroig als Ort ihrer Vermählung gewählt. Der Tempel ist auch die Erinnerung an einen Künstler, Genießer und Ästheten aus fürstlichem Hause. Er hat mehr als vier Jahrzehnte auf dem Landsitz Son Marroig gelebt und war im Laufe dieser langen Zeit längst zum Mallorquiner geworden. Wer heute seinen Spuren folgt, der bekommt unweigerlich eine Ahnung davon, warum sich der Erzherzog eben dieses Anwesen auf der Nordseite der Insel zu seinem Lebensziel wählte. Dem sprachbegabten Mann machte es keinerlei Mühe, sich den lokalen Dialekt Mallorcas beizubringen. Besondere Sympathien brachte er für das Monestir de Miramar auf. „Mirar“ ist das Wort für „Ansehen“ und „Mar“ bedeutet „Meer“. Ende des 19. Jahrhunderts kaufte der Erzherzog das verfallene Kloster und beaufsichtigte höchstpersönlich die Renovierungen. Die einstige Missionsschule entstand 1276 und hatte in ihrer Gründungszeit die Aufgabe, jungen Mönchen die Sprache Arabiens beizubringen. Königin Elisabeth von Österreich, die Mallorca wiederholt besuchte, taufte das kaiserliche Segelschiff auf den Namen „Miramar“.

Wer das Herrenhaus besucht, erblickt zunächst den quadratischen Wehrturm mit seinen dicken Mauern und seinem Walmdach. Vom Charme des Herrensitzes wird der Gast aber erst dann erfasst, wenn er die Empfangshalle mit ihren rustikalen Deckenbalken betritt. In der ersten Etage mit dem Wohnbereich wurde seit der Zeit des Ludwig Salvator so gut wie nichts verändert. Man meint, die Zeit sei dort eines Tages stehen geblieben und das einstige Flair sei unvergänglich.

Dies ist ein Ort zwischen Valldemossa und Deià, den man auf Mallorca gesehen haben muss.

Adresse:

(etwa 20 KM von Palma entfernt – 7 KM von Valldemossa)

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